Viele Eltern sind in nahezu allen politischen Systemen der Welt mit dem Bildungssystem nicht zufrieden und wollen die schulische Ausbildung ihrer Kinder lieber selbst in die Hand nehmen. So auch in Uruguay. Doch so einfach ist die gesetzliche Lage nicht. Zumal Uruguay weltweit eines der Länder mit der geringsten Analphabetenrate ist. Und das kommt nicht von ungefähr. Die Idee des Homeschoolings hat während der Covid-Pandemie wieder Fahrt aufgenommen. Doch auch in diesem prekären Fall hatte Uruguay schon eine verdammt gute Lösung mit dem Plan Ceibal hinter der Hinterhand. Der Trend zum Homeschooling bzw. Hausunterricht wird dennoch als Möglichkeit einer an die besonderen Bedürfnisse des Kindes angepassten Erziehung angesehen.
Warum ist Homeschooling in Uruguay nicht legal?
Dahinter steckt zuallererst einmal das allgemeine Bildungsgesetz aus dem Jahr 2009. Dieses besagt, dass eine PFLICHT zur Grundschulbildung, zur Primarschulbildung und zur grundlegenden Sekundarschulbildung zwingend ist. Darüber hinaus sind die Erziehungsberechtigten von Kindern und Jugendlichen verpflichtet, diese in einer entsprechenden Bildungseinrichtung anzumelden und ihre Anwesenheit und ihr Lernen zu überwachen. Als Uruguay-Einwanderer können Sie also nicht tun und lassen, was Sie wollen. Wer meint, die Schulanwesenheitspflicht mit Tricks oder auf dem Lande lebend umgehen zu können, wird sich wundern, wie schnell die Lehrinstitutionen Ihnen auf die Schliche kommen. Denn schon während des Einwanderungsprozesses müssen Sie eine Einschulungsbescheinigung vorlegen. Und die entsprechenden Lehranstalten sind dazu angehalten, die ständige Anwesenheit zu überprüfen. Es kommt daher schnell ans Tageslicht, wer das Bildungsgesetz umgehen will.
Änderungen im Bildungsgesetz in Uruguay
Auf der Basis des in der ganzen Bevölkerung umstrittenen Dringlichkeitsgesetz (LUC), das von der neoliberal-rechten Regierung bei ihrem Amtsantritt ins Leben gerufen wurde, wurde ein Gesetzesartikel (Artikels 70 Absatz 1) geändert und durch den nachfolgenden ersetzt: Dieser lautet „Die Grundschulbildung ist ab dem Alter von vier Jahren obligatorisch.“ Wer das Wort obligatorisch nicht kennt, sollte besser zuerst nachschlagen, bevor er irgendwelche Entscheidungen trifft.
Es geht aber noch weiter: Der Besuch einer Schule je nach Alter und Wissensstand, darunter Grundschule und Sekundarstufe sind obligatorisch. Alle Erziehungsberechtigte haben die Pflicht, an der Erfüllung dieser Verpflichtung mitzuwirken. Noch mal: Laut dem Artikel 16 des uruguayischen Kinder- und Jugendgesetzes sind die Eltern und Erziehungsberechtigen verpflichtet, dafür zu sorgen, dass ihre Kinder, an einem regelmäßigen Schulbesuch und am Bildungsprozess teilnehmen.
Um es auch dem allerletzten klarzumachen: Es gibt aufgrund fehlender Validierungsmöglichkeiten in Uruguay keine Option, einen Hausunterricht zu erteilen. Und jetzt kommt es: „Trotz, dass es laut der Verfassung möglich wäre.“
Um dies zu verstehen, muss man die Bildungsgeschichte Uruguays kennen, die nach dem varelischen Bildungssystem aufgebaut ist. Ok, das führt jetzt allerdings zu weit ins Detail. José Pedro Varela war ein uruguayischer Politiker und Soziologe, der ein laizistisches (ohne Religionsunterricht) und obligatorisches öffentliches Schulwesen in Uruguay einführte. Er schuf darüber hinaus gleich noch die dafür notwendigen Institutionen. Und das schon im Jahr 24. August 1877. Also können Sie sich vorstellen, dass diese Art von Bildungssystem tief in den Wurzeln der Uruguayer verankert ist. Zentrales Thema ist, dass ein uruguayischer Bürger zum Wohle der Gesellschaft und aller agieren soll. Dafür steht diese Vision des verbindlichen Schulsystems als öffentlichem Begegnungsraum.
Gibt es dennoch Homeschooling in Uruguay?
Es wird zumindest versucht. Zum Beispiel im Hippie-Badeort Barra de Valizas. Dort versucht man sich mit einem Homeschooling-Projekt gegen das Establishment durchzusetzen. Eine für mich klar nachzuvollziehende Situation, wenn man die Lage vor Ort kennt. Dazu werde ich allerdings öffentlich nichts sagen.
Die Lage ist derzeit etwas verzwickt. Warum? Weil ein Kabinettsmitglied erklärt, dass der Artikel 70 der Verfassung die Grund- und Sekundarschulbildung für bindend erachtet. Im Artikel 68 jedoch lautet der Gesetzestext, dass „alle Eltern oder Erziehungsberechtigten das Recht haben, für die Erziehung ihrer Kinder oder Mündel die Lehrer oder Einrichtungen ihrer Wahl zu wählen“.
Kurz zusammengefasst: Klar ist in dieser Hinsicht nichts. Ich rate bis zu einer Klärung der Situation sich auf keinen Fall mit den Behörden anzulegen. Das kann bis zu einer Entziehung der elterlichen Erziehungsrechte führen. Im Übrigen gibt es in Uruguay zu relativ günstigen Preisen zahlreiche alternative Schulen. Wir haben in La Paloma und in Rocha gleich mehrere davon. Eine sogenannte Waldschule liegt gerade einmal 100 m entfernt von meinem Wohnort. Wie überhaupt La Paloma am Wachsen in allen Bereichen ist. Es hat sich bereits außer den Alteingesessenen eine weitere Gruppe von ca. 20 Personen in und um den Ort niedergelassen. Wenden Sie sich an uns. Wir zeigen Ihnen bei einer Uruguay Einwanderungsreise die Vor- und Nachteile des Landes.
Auszug und Quellen
https://www.impo.com.uy/bases/leyes/18437-2008
EL Pais
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